
Ist es eine ideologiegetriebene Zwangsstörung, dass seit Jahrzehnten in Endlosschleife die Forderung erhoben wird, Deutschland könne seine demografischen Herausforderungen, den dadurch verursachten Fachkräftemangel sowie die Rentenfinanzierung nur mittels millionenfacher Einwanderung bewältigen? Der Beweis, dass es funktioniert, wurde bislang nicht erbracht. Im Gegenteil: Die Art und Weise, und sowohl die Quantität als auch die Qualität der bisherigen Einwanderungen deuten eher auf ein riesiges Verlustgeschäft hin. Die deutsche Aufnahmegesellschaft, die seit den 1950er Jahren nie offiziell zugestimmt hat, muss neben den finanziellen auch unzumutbare Opportunitätskosten (sog. Integration, Wohnungsmarkt, Kriminalität usw.) tragen, unter denen sie zusammenbrechen wird. Niederländische Forscher gehen angesichts der Qualität der bisherigen Einwanderung davon aus, dass (irreguläre) Einwanderer, je Person, den einheimischen Steuerzahlern sechsstellige Beträge kosten – im Durchschnitt 475.000 Euro in den ersten zwei Generationen.
Dessen ungeachtet veröffentlichte am 23.01.2025 das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW aktuell 101) denselben Sermon zum x-ten Mal. Der Titel: »Mehr Migration könnte Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft deutlich erhöhen«:
»Die deutsche Wirtschaft steht aufgrund des demografischen Wandels und des Ausscheidens der Babyboomer-Generation aus dem Arbeitsmarkt vor einem zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangel. Dieser wird das Produktionspotenzial der deutschen Wirtschaft erheblich einschränken. Das inländische Steigerungspotenzial zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs ist nur gering, so dass der Migration eine zentrale Rolle zufällt. Bereits seit 2023 wird der Aufbau der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung lediglich durch ausländische Staatsangehörige getragen. Aktuelle Berechnungen zeigen, dass ohne Migration die Wachstumsrate des Potenzials von derzeit lediglich 0,4 Prozent rasch auf null sinken würde. Um die Potenzialrate bis 2029 wieder zu ihrem langfristigen Mittelwert von 1,1 Prozent (dem Durchschnitt über den Zeitraum von 2004 bis 2023) zu heben, wäre den Berechnungen zufolge eine Zuwanderung von 1,5 Millionen Erwerbspersonen notwendig. Um die Zuwanderung von Arbeitskräften aus Drittstaaten attraktiver zu machen, ist das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Um den positiven Effekt ausländischer Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt und das Potenzial der deutschen Wirtschaft aber weiter zu stärken, müssen politische Maßnahmen wie der Abbau von bürokratischen Hürden bei der Visaerteilung und der Anerkennung von Qualifikationen vorangetrieben werden. Zudem ist es notwendig, die Sprachkenntnisse und Weiterqualifizierungen von Migrant*innen zu fördern, um ein Missverhältnis zwischen dem Arbeitsangebot und -bedarf zu vermeiden.« Und so weiter …
© Grafik: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Wiesbaden, 2024
Doch wie sieht die Realität aus? Weshalb stellt sich der seit Jahrzehnten versprochene Erfolg nicht ein? Weshalb werden bei all diesen Analysen, Studien und Prognosen die nachfolgenden Tatsachen und Fragen ignoriert?
Viele hochqualifizierte Einheimische verlassen nach Ausbildung und Studium Deutschland. Oft ist es ein Viertel oder mehr eines Abiturjahrgangs, das in der Schweiz, in Dubai, in den USA und anderen Ländern Arbeit sucht und findet. Die anderen, die noch im Land arbeiten, sind beim Öffentlichen Dienst beschäftigt oder Beamte ohne Wertschöpfungsfunktion. Obwohl es keine standardisierte Definition und Erhebungsmethode zum Phänomen des Brain Drains (Talentabwanderung) gibt, gehen Fachleute von netto mindestens 20.000 hoch- und höchstqualifizierten deutschen Fachkräften aus, die jedes Jahr ihrer Heimat den Rücken kehren. Darüber hinaus schließen immer mehr Unternehmen ihre Standorte in Deutschland oder verlagern einzelne Prozesse (z.B. Forschung und Entwicklung) ins Ausland. »Die Liste der Unternehmen, die Stellen streichen wollen, wird von Monat zu Monat länger: VW, Audi, Ford, Thyssenkrupp, die Autozulieferer ZF, Bosch und Schäffler oder Siemens, sie alle kündigten zuletzt an, sich von Mitarbeitern zu trennen«, heißt es dazu beim ZDF. Auch ausländische Investoren ziehen sich wegen schlechter Rahmenbedingungen, zerfallender Infrastruktur und Bürokratie zurück. Laut Insolvenzstatistik des Statistischen Bundesamtes haben im Jahr 2023 in Deutschland 17.814 Unternehmen Insolvenz angemeldet; 2024 waren es 22.400 Fälle (+ 24,3 % im Vergleich zum Vorjahr; Creditreform). In den vier Jahren zwischen Anfang 2020 und Ende 2023 haben an die 48.000 Kneipen, Restaurants, Imbisse, Bistros, Cafés und Caterer »freiwillig« geschlossen (Creditreform). In der Folge dieses Niedergangs werden Fachkräfte freigesetzt, die aber offensichtlich keine neuen Anstellungen mehr finden. Auch die Frage, welche Auswirkungen der Einsatz von Künstlicher Intelligenz auf den Arbeitsmarkt haben wird, stellt sich in den genannten Studien nicht oder kaum. Genau so wenig findet die Idee Beachtung, dem demografischen Wandel wie auch dem Fachkräftemangel durch die Konzentration auf technologische Entwicklungen wie KI, Robotik, Quantencomputing und weitere Automatisierungsverfahren zu begegnen. Länder wie Singapur, Südkorea, Japan, China oder Taiwan setzen darauf und exekutieren zugleich eine äußerst restriktive Einwanderungspolitik.
Forscher von OpenAI und der University of Pennsylvania gehen davon aus, dass bei etwa 80 Prozent aller Arbeitsplätze mindestens eine Aufgabe durch generative KI erledigt werden kann. Auch die Forschungsabteilung der Investmentbank Goldman Sachs rechnet mit erheblichen Störungen auf dem Arbeitsmarkt. Ihrer Studie zufolge könnten weltweit bis zu 300 Millionen Vollzeitarbeitsplätze von der Automatisierung durch generative KI betroffen sein. Insbesondere auch akademische Berufe wie Mediziner, Rechtsanwälte, Mathematiker, Programmierer, Dolmetscher, Schriftsteller, Journalisten sowie etwa Buchhalter oder Finanzbeamte. Ihre Tätigkeiten könnten ganz oder teilweise von künstlicher Intelligenz übernommen werden. Hingegen sind handwerkliche Jobs in der Öl- und Gasförderung, in der Forst- und Landwirtschaft sowie etwa Köche, Kfz-Mechaniker u.Ä. weniger von KI betroffen.
Larry Fink, Gründer und CEO von BlackRock sowie langjähriger Migrations- und Diversitätsbefürworter, überraschte beim »Special Meeting on Global Collaboration, Growth and Energy Development« des WEF am 29.04.2024 in Riad (Saudi-Arabien) mit Kritik an der bisherigen Einwanderungspraxis. Er stellte im Rahmen des Panels Investing amid Global Fracture die Frage, ob jene Staaten, die aggressiv in KI, Robotik und sonstige Automatisierungstechnologien investieren, im Gegensatz zu den klassischen westeuropäischen Einwanderungsländern, damit sogar trotz schrumpfender Bevölkerung ihren Lebensstandard und Wohlstand massiv steigern könnten?
Unterstützt wird diese Einschätzung u.a. von Professor Michael Berlemann, wissenschaftlicher Direktor des HWWI (Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut). Einerseits: »Arbeitskräfte mit niedriger Berufsqualifikation stehen uns eher im Übermaß zur Verfügung. Ein Grund liegt in der Zuwanderung von Menschen, die entweder keine qualifizierte Berufsqualifikation mitbringen oder wegen der Anerkennungsproblematik ihrer Qualifikation nur als Geringqualifizierte arbeiten.« Darüber hinaus verlieren wir zu viele Menschen durch Frühverrentung, unterstreicht Berlemann. Denn ab einem Alter von Mitte bis Ende 50 sei die Beschäftigtenquote rückläufig. Daher lohne es sich, an dieser Schraube zu drehen. Die Menschen ein oder zwei Jahre länger in Arbeit zu halten, könne einen spürbaren Effekt erzielen. Indessen bestünden die größten Chancen zur Lösung des Fachkräfteproblems im Einsatz von Automatisierung, Digitalisierung und KI. Berlemann: »Das ist die Strategie, in die wir vor allem Hoffnungen setzen. Ziel wäre es, so viele Tätigkeiten wie möglich zu automatisieren und damit Arbeitskräfte zu unterstützen. Das würde zu mehr Attraktivität im Arbeitsmarkt führen, weil repetitive Tätigkeiten wegfallen. Früher herrschte angesichts von mehr Technik im Arbeitsumfeld die Angst vor Jobverlust. Nun brauchen wir die Technik, um fehlende Arbeitskräfte zu ersetzen.«
SOUVERÆN, der Thinktank von »infodienst-info«, hat dazu ein Thesenpapier entwickelt (These 2) und zur Diskussion gestellt.
© infodienst.info. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved. Nachdruck und Weitergabe an Dritte untersagt.