
Letzten Monat prahlte Sebastian Siemiatkowski, Vorstandschef (CEO) des schwedischen Zahlungsanbieters Klarna, dass er seit einem Jahr niemanden mehr eingestellt habe, da sein Unternehmen nun vollumfänglich auf KI setze.
Die Belegschaft sei seit der Umsatzverdoppelung vor einem Jahr um etwa 22 Prozent geschrumpft. In der Zwischenzeit hatte das Unternehmen eine Bewertung von weit über 14 Milliarden US-Dollar erreicht, was Siemiatkowski als finanziell erfolgreichen Versuch bezeichnete, vom Hype um KI zu profitieren. In einem Interview mit Bloomberg im Dezember behauptete Siemiatkowski, dass rund 200 Klarna-Mitarbeiter KI für ihre Kernaufgaben nutzen.
Das Fintech-Unternehmen, das mit seinem »Kaufe jetzt, bezahle später«-Versprechen Dienste für die E-Commerce-Branche anbietet, machte großes Aufheben um seine OpenAI-ChatGPT-Integration und schwärmte in einer Pressemitteilung, dass sein KI-Assistent die Arbeit von »700 Vollzeitmitarbeitern« erledigen könne.
Aber diese Art von angeblich übermenschlicher Produktivität kann fatale Folgen für die Arbeitsplatzsicherheit praktisch aller Mitarbeiter des Unternehmens haben – einschließlich der des obersten Chefs, wie sich zwischenzeitlich herausstellte. Es ist eine Entwicklung, vor der Forscher schon lange warnten, nämlich, dass im Zeitalter der KI-Automatisierung auch das möglich sein könnte. Vereinfacht gesagt, stehen nicht nur einfache Routinetätigkeiten auf dem Spiel. Namhafte Forscher hatten bereits in Erwägung gezogen, dass auch Geschäftsführer und Vorstände im KI-Zeitalter zu einer bedrohten Spezies werden könnten.
»Für mich ist KI in der Lage, alle unsere Jobs zu übernehmen, auch meinen eigenen«, schrieb Siemiatkowski vergangenen Sonntag in einem langen Tweet. »Denn unsere Arbeit ist einfach nur logisches Denken in Kombination mit Wissen und Erfahrung«, argumentierte er. »Und der wichtigste Durchbruch, das Denken, liegt hinter uns.« Aber wegen des eigenen Engagements für KI arbeitslos zu werden, ist etwas, worüber Siemiatkowski »nicht super begeistert« ist: »Meine Arbeit ist für mich ein sehr wichtiger Teil meiner Persönlichkeit, und die Vorstellung, dass sie überflüssig werden könnte, ist bedrückend«, schrieb er. »Aber ich glaube auch, dass wir ehrlich mit dem sein müssen, was wir denken, was passieren wird. Und ich kann nicht so tun, als gäbe es das nicht.«
»Mein erster Instinkt ist, dass sie [die CEOs] sagen würden: ›Ersetze alle Angestellten, aber nicht mich‹«, meinte der ehemalige Direktor des »Computer Science and AI Lab« des MIT (Massachusetts Institute of Technology, Cambridge), Anant Agarwal, letztes Jahr gegenüber der New York Times. »Aber ich habe gründlicher nachgedacht und würde sagen, dass 80 Prozent der Arbeit, die ein Unternehmenschef erledigt, durch KI ersetzt werden kann.«
Abgesehen von dem freudigen Gefühl der Gerechtigkeit, das einfache Angestellte deshalb verspüren dürften, könnte die Abschaffung von CEOs auch beträchtliche Finanzmittel freisetzen. Nach Angaben des Economic Policy Institute (EPI) verdient der durchschnittliche CEO rund 16 Millionen US-Dollar im Jahr – und das, ohne die Inkompetenz vieler Spitzenmanager zu berücksichtigen.
»Die Vorstellung, dass KI jeden menschlichen Job übernehmen könne, auch den eines CEOs, ist zum jetzigen Zeitpunkt eher spekulativ als realistisch«, entgegnete Akash Nigam, CEO des KI-Avatar-Unternehmens Genies, gegenüber Fortune. »Die Rolle des CEO erfordert nicht nur strategisches Denken, sondern – was wahrscheinlich noch wichtiger ist – emotionale Intelligenz, Anpassungsfähigkeit und differenzierte Führungsqualitäten – Eigenschaften, die KI noch nicht vollständig nachbilden kann.« Wie lang diese Entwarnung trägt, werden die weiteren Entwicklungen zeigen.
Unter Verwendung eines Artikels von Futurism.
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