Weltuntergangsbunker: Verschwörungserzählung, Science-Fiction – oder Realität?

In den USA – aber nicht nur dort – boomt das Geschäft mit dem Weltuntergang. Insbesondere die Crème de la Crème der Geldmachtklasse sorgt sich ums eigene Überleben. Meta-CEO Mark Zuckerberg besitzt daher auf der Hawaii-Insel Kauai ein 670 Hektar großes Grundstück namens »Koolau Ranch« mit mehreren Dutzend Gebäuden. Über ein Tunnelsystem ist ein 460 Quadratmeter großer Bunker angebunden. Dieser unterirdische Schutzraum soll über eine eigene Energie- und Lebensmittelversorgung verfügen und seinen Bewohnern nach dem Zivilisationszusammenbruch ein autarkes Weiterleben sichern. Die kleinere Hawaii-Insel Lanai vor der Küste von Maui gehört mittlerweile fast vollständig dem Oracle-Milliardär Larry Ellison. Google-Gründer Larry Page besitzt sogar mehrere Privatinseln, darunter Tavarua im südpazifischen Inselstaat Fidschi, Cayo Norte vor Puerto Rico sowie die zu den US-Virgin Islands gehörigen Lollik-Inseln. Während der sogenannten COVID-19-Pandemie verbrachte Page die meiste Zeit auf Tavarua. Auch Virgin-Chef Richard Branson herrscht über ein privates karibisches Inselparadies, die exklusive, knapp 30 Hektar große Necker Island in den Britischen Jungferninseln.

Wieder andere suchen am »Tag des Jüngsten Gerichts« Unterschlupf bei den Antipoden. Laut »The New Yorker« haben OpenAI-CEO Sam Altman und Peter Thiel vereinbart, im Fall der Apokalypse zusammen im Privatjet zu einem von Thiels Anwesen in Neuseeland zu fliegen. Schon 2017 vermutete LinkedIn- Mitgründer und Privatinvestor Reid Hoffman, dass mehr als die Hälfte der Silicon-Valley-Milliardäre in Weltuntergangsbunker als eine Art »Apokalypse-Versicherung« investiert hätten. Verteidigt werden solche Weltuntergangsbunker u.a. mittels Feuergräben und Wasserwerfern, die stark genug sind, um Hubschrauber zum Absturz zu bringen.

USA gaben 21 Billionen Dollar für den Bau geheimer »Weltuntergangsbunker« aus

Vor wenigen Tagen behauptete nun Catherine Austin Fitts, 74, die zwischen 1989 und 1990 unter Präsident George H.W. Bush stellvertretende US-Ministerin für Wohnungsbau und Stadtentwicklung (Assistant Secretary of Housing and Urban Development) war, die US-Regierung habe 21 Billionen US-Dollar für den Bau einer geheimen unterirdischen »Stadt« ausgegeben, die dem Weltuntergang trotzen soll. Sie erhob diese Anschuldigungen während eines Auftritts im Podcast des ehemaligen Fox News-Moderators Tucker Carlson.

Fitts berief sich auf eine Studie des Ökonomen Mark Skidmore von der Michigan State University. Dieser hatte 2017 einen Bericht veröffentlicht, in dem er erklärte, sein Team von Wissenschaftlern und er hätten »nicht genehmigte Ausgaben in Höhe von 21 Billionen US-Dollar in den Ministerien für Verteidigung sowie Wohnungsbau und Stadtentwicklung für die Jahre 1998 bis 2015« aufgedeckt.

Fitts zufolge, die vor ihrem Eintritt in die Bush-Regierung als Investmentbankerin tätig war, wurde dieses Geld für die Finanzierung des Baus eines »unterirdischen Stützpunkts, einer städtischen Infrastruktur und eines Transportsystems« verwendet, das vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werde. Sie erzählte Carlson, dass sie zwei Jahre lang untersucht habe, wohin die 21 Billionen US-Dollar geflossen seien. Dabei habe sie Beweise dafür gefunden, dass es allein in den USA 170 solcher geheimen Einrichtungen gebe. Gemeinsam mit einem Team von Ermittlern habe sie »alle Daten und alle Anschuldigungen zu unterirdischen Stützpunkten« durchforstet, um eine »Schätzung« über die Zahl der möglicherweise existierenden Stützpunkte anzustellen. »Wir haben systematisch alles untersucht und versucht, die Anzahl der unterirdischen Stützpunkte zu schätzen, sowohl in den USA als auch unter dem Meer rund um die USA«, behauptete Fitts: »Unsere Schätzung lag bei 170 und sie sind durch ein Verkehrsnetz miteinander verbunden«. Es war zunächst unklar, wo sich die geheimen Bunker befinden – und wer von den VIPs, Megareichen und Regierungsbeamten im Katastrophenfall Zugang zu ihnen haben könnte. Auch der Umfang der Bunker und die darin enthaltenen Alltagsgegenstände sind unbekannt.

Auf Carlsons Frage nach dem »Zweck« dieser Untergrundbasen antwortete Fitts, dass die Stützpunkte aktiviert würden, wenn am Horizont ein Ereignis mit dem Potenzial der Menschheitsausrottung auftauche (amerikanisch: »near-extinction event«). Sie fügte jedoch hinzu, dass diese sogenannten Stützpunkte ihrer Meinung nach auch von der Regierung genutzt werden könnten, um »geheime« Projekte, etwa ein »geheimes Weltraumprogramm«, durchzuführen.

Carlson merkte an, er sei davon ausgegangen, dass solche Stützpunkte nur in Washington, D.C. existieren würden, um im Falle eines »Atomkriegs« genutzt zu werden. Fitts antwortete: »Ein Teil davon ist es auch. Es ist die Vorbereitung auf eine Katastrophe.«

Die Existenz von ABC-Bunkern der US-Regierung ist gut dokumentiert. Einrichtungen wie Mount Weather (offiziell Mount Weather Emergency Operations Center) bei Bluemont im US-Bundesstaat Virginia, die US-Militärbasis Cheyenne Mountain Operations Center (CMOC) in den Rocky Mountains auf der Südseite von Colorado Springs oder die Site R (Raven Rock Mountain Complex) in Pennsylvania dienen bekanntermaßen in Krisenzeiten als Kommandozentralen. Einrichtungen wie die streng geheime Regierungsbunkeranlage aus der Zeit des Kalten Krieges (1961-1991) unter dem Vier-Sterne-Hotel Greenbrier Resort in West Virginia, die als Unterschlupf für Abgeordnete gedacht war, sind Belege für die Vorbereitungen der USA auf ein Weltuntergangs-Szenario. Doch nichts entsprach bislang den Ausmaßen, wie Fitts sie jetzt behauptet.

Übrigens berichtete USA Today, dass die geheime unterirdische Einrichtung in Mount Weather, in der führende Kongressabgeordnete nach den Anschlägen vom 11. September 2001 Zuflucht fanden, derzeit modernisiert wird. Der Grund für die Renovierung werde als »geheim« eingestuft.

Fitts‘ umstrittene Behauptungen kamen nur wenige Monate, nachdem das in Virginia ansässige Unternehmen SAFE (Strategically Armored & Fortified Environments) Pläne für einen 300 Millionen US-Dollar teuren Luxus-Weltuntergangsbunker namens »Aerie« vorgestellt hatte, der nur Mitgliedern zur Verfügung steht. Das Unternehmen verspricht, die Einrichtung werde »KI-gestützte« medizinische Versorgung, »Wellness-Programme« und die Möglichkeit bieten, »Schutz und Luxus auf eine noch nie dagewesene Art und Weise zu verbinden«.

SAFE plant die Bunker – die jedem Mitglied für einen Beitrag von 20 Millionen Dollar übereignet werden – in allen 50 US-Bundesstaaten zu errichten. Der erste Bunker solle jedoch in Virginia errichtet werden, da dieser in der Nähe von Washington D.C. liegt. »Es ist der Bundesstaat mit der besten Bevölkerungsgruppe der Welt, die für so etwas in Frage kommt«, sagte ein Unternehmenssprecher.

© Foto: Das SAFE-Projekt »Aerie« mit unterirdischen, luxuriösen Wohnräumen auf mehreren Etagen. Die Entwickler betonen, dass es auch Schutz vor Extremwetter, Waldbränden, sozialen Unruhen usw. bieten könne.

Was wissen die, was »wir« nicht wissen?

Er kenne Hedgefonds-Manager auf der ganzen Welt, sagte Robert A. Johnson einem Medienbericht zufolge während eines WEF-Auftritts im Januar 2015, »die Landebahnen und Farmen an Orten wie Neuseeland kauften, weil sie denken, sie brauchen einen Rückzugsort«. Johnson, Präsident der Denkfabrik »Institute for New Economic Thinking« und zuvor Managing Director beim Hedgefonds Soros Fund Management, wies darauf hin, dass die Spannungen, die eine wachsende soziale Ungleichheit verursache, so ausgeprägt seien, dass einige der vermögendsten Menschen Maßnahmen ergriffen hätten, um sich vor kommenden Aufständen abzuschotten. Er resümierte: »Warum scheinen Menschen, die wegen ihrer Macht beneidet werden, solche Angst zu haben? Was sagt uns das wirklich über unser System?«

Der US-amerikanische Medienwissenschaftler und Autor Douglas Rushkoff berichtete in seinem Buch Survival of the Richest von Milliardären, die sich den Kopf darüber zerbrechen, wie sie im Fall eines Systemkollapses ihre Privatarmeen in Schach halten können, um nicht von ihnen gemeuchelt zu werden. Er geht davon aus, dass sie trotz ihrer Luxusbunkersysteme den von ihnen selbst ausgelösten Katastrophen nicht entkommen können.

Rushkoff zieht ein deprimierendes Fazit: Je mehr die Megareichen glauben, dem »Weltuntergang« entkommen zu können, desto weniger motiviert sie, diesen zu verhindern. Das sei vor allem deshalb ein Problem, da es dieselben Menschen seien, die für die großen Probleme der Welt wie soziale Konflikte und Ungleichheit nicht nur verantwortlich seien, sondern sie auch noch verschärften.

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